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Lisette Margarete Bruckner

„Gedenke an den Herrn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.“

Ein Beitrag von Auguste Zeiß-Horbach

Lisette Margarete Bruckner Copyright: Evangelisch-Lutherische Paulanergemeinde Amberg

Lebensdaten:

1912 - 1999

Unter weiteren Namen bekannt als:

Liesel Bruckner


Beziehungen

Bereits kurz nach ihrer Konfirmation wusste Liesel Bruckner, was sie werden wollte: Theologin – für eine Frau Mitte der 1920er Jahre des 20. Jahrhunderts ein ungewöhnlicher Berufswunsch. Die Begegnung mit der Theologin Martha Voigt auf einer Bibelfreizeit hatte dazu geführt. Martha Voigt war seit 1926 als Mitarbeiterin des Burckhardthauses Berlin im Reisedienst für die evangelische weibliche Jugend tätig. 1927 trat das Vikarinnengesetz der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union in Kraft, das es studierten Theologinnen ermöglichte, als „Vikarin“ ein geistliches Amt in der Kirche zu übernehmen. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Bayern, zu der Liesel Bruckner gehörte, schuf diese Möglichkeit erst Ende 1944.

Die Eltern förderten die Bildungsmöglichkeiten Liesel Bruckners, indem sie ihr den Besuch der Oberrealschule ermöglichten. Aus eigener leidvoller Erfahrung hatte Bruckners Mutter entschieden, dass ihre Töchter einen Beruf erlernen sollten. Ein Religionslehrer unterrichtete die Geschwister Liesel und Fritz Bruckner, die beide Theologie studieren wollten, in Altgriechisch. Auch das kleine Latinum konnte Liesel Bruckner bereits an der Schule absolvieren. Nach dem ersten kirchlichen Examen 1935 half der Sulzbacher Dekan Liesel Bruckner über die Schwierigkeit hinweg, als studierte Theologin eine Anstellung in der Kirche zu finden. Er stellte sie als Pflegekraft für seine kranke Frau ein und stärkte ihr den Rücken, indem er mit ihr täglich theologische Themen besprach, darunter sogar Kirchenrecht. Über den Kontakt zum Gemeindepfarrer und Dekan hinaus hatte Liesel Bruckner keine besonderen Beziehungen in der Kirche, die sie hätte nutzen können.

Jedoch begannen die bayerischen Theologinnen 1935, 10 Jahre nach Gründung des Konvents evangelischer Theologinnen in Deutschland, damit, sich zu vernetzen und einen bayerischen Landeskonvent aufzubauen. Liesel Bruckner übernahm die Organisation, knüpfte den Kontakt zur Kirchenleitung, sorgte mit einem Rundbrief für die entsprechenden Informationen unter den Theologinnen und führte die Konventarbeit über Jahrzehnte hin bis 1970 fort, ab 1947 im offiziellen kirchlichen Amt der Vertrauensvikarin. Für das erste bayerische Theologinnentreffen im Jahr 1935 in Nürnberg lud sie die Leiter der neu gegründeten Werke, Landesjugendpfarrer Heinrich Riedel und Dr. Antonie Nopitsch (Bayerisches Mütterwerk) ein. Sie stellten den Theologinnen in Aussicht, in diesen Werken, also in den Arbeitsbereichen „Frauen“ und „Jugend“, einen sinnvollen Dienst tun zu können. Für Liesel Bruckner ergab sich der Weg in die Jugendarbeit als Dekanatsjugendleiterin in Sulzbach (1935-1937), danach in der gleichen Funktion in Erlangen (1937-1940) und schließlich als Mitarbeiterin Riedels im evangelischen Jungmädchenwerk, wo sie im Reisedienst für die evangelische weibliche Jugend tätig war (1940-1947).

Sehr wichtig waren die Kontakte der wenigen Theologinnen untereinander, die jährlichen Vikarinnenkurse, auf denen man sich austauschen konnte, die gemeinsam erarbeiteten Stellungnahmen zu strittigen Fragen des Amtes und das gemeinsame geistliche Leben auf Zeit. Auch deutschlandweite Kontakte zu Theologinnen und entsprechenden Organisationen der evangelischen Frauenarbeit spielten eine Rolle.

Als Vertrauensvikarin war Liesel Bruckner über Jahre hin in Fragen der Vikarinnen eine wichtige Kontaktperson des Landeskirchenrates. Mit Landesbischof Hermann Dietzfelbinger hatte sie einen regen, trotz mancher Konflikte stets von gegenseitiger Wertschätzung getragenen Schriftwechsel zu den Fragen des Theologinnenamtes. Die Vertrauensvikarin und weitere Vertreterinnen des Konvents wurden auch in Fragen der Gesetzgebung miteingezogen, zunächst noch sehr sporadisch, später, als die Landessynode ihre kirchliche Leitungsfunktion stärker wahrnahm, auch über die entsprechenden synodalen Ausschüsse.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Liesel Bruckners Weg ins Studium durch die Eltern geebnet wurde. Anregungen kamen durch die ehrenamtliche Mitarbeit in ihrer Amberger Heimatgemeinde, durch Kontakte zum Gemeindepfarrer, durch die Begegnung mit der Theologin Martha Voigt und durch ihren Religionslehrer. Die weiteren Kontakte knüpfte Liesel Bruckner in ihrer beharrlichen, freundlichen Art selbst. Sie erwartete von der Kirchenleitung, dass für die Theologinnen ein kirchliches Amt geschaffen würde, in dem diese ihrer Ausbildung und ihren Fähigkeiten entsprechend eigenverantwortlich arbeiten konnten. 1938 forderten die bayerischen Theologinnen nach einem längeren Beratungsprozess in ihrer ersten Denkschrift an die bayerische Landeskirche ein Amt sui generis für die studierte Theologin. Die Mitarbeit der Frau im geistlichen Amt hielten sie für die Zukunft der Kirche für notwendig. Die theologische Vorstellung einer göttlichen Schöpfungsordnung, die das Gegenüber von Mann und Frau festlegte, teilten sie zu diesem Zeitpunkt noch; die biblischen Worte zur Stellung der Frau deuteten sie im traditionellen Sinne. Daher erhoben sie bewusst keinen Anspruch auf die Leitungsfunktionen des Pfarramtes und die öffentliche Verkündigung vor der Gesamtgemeinde. Jedoch erkannten sie von Anfang an, dass die Sakramentsverwaltung für ihr kirchliches Amt, das sie als Verkündigung in einem bestimmten Dienstbereich (Jugend, Frauen, Alte, Kranke, Gefangene, Notleidende) verstanden, notwendig war. Die Bitte, ihnen diese Sakramentsverwaltung im Dienstbereich anzuvertrauen, die Liesel Bruckner als Vertreterin des Theologinnenkonvents gegenüber der Kirchenleitung eindringlich seit den 1950er Jahren äußerte, wurde lange nicht erfüllt. Erst 1970, nach längerer synodaler Diskussion, konnten die Theologinnen in der bayerischen Landeskirche mit offizieller kirchlicher Genehmigung in ihrem Dienstbereich Taufen und Abendmahlsgottesdienste halten.

Noch eine Person war für Liesel Bruckner sehr wichtig. Das war ihre Schwester Friedel, die eine Ausbildung zur Kindergärtnerin absolvierte und später in Amberg als Katechetin arbeitete. Sie hatte ihre Geschwister während der Studienzeit finanziell unterstützt. Liesel Bruckner lebte seit 1950 mit ihr gemeinsam im Haus ihrer Eltern in Amberg. Die Schwester hielt ihr – wie eine Pfarrfrau dem Pfarrer – den Rücken frei, sorgte für den Haushalt und nahm mit ihr gemeinsam an der Gestaltung des Gemeindelebens Anteil.

Wirkungsbereich

15 Jahre lang, von 1935-1950, war Liesel Bruckner im Bereich der Jugendarbeit tätig. 1938 legte sie ihr zweites theologisches Examen ab. 1947 wurde sie als Pfarrvikarin eingesegnet. Nach schwerer Krankheit, die mit der nervlichen Belastung der Kriegsjahre zu tun hatte, war sie von 1947 bis 1950 im Innendienst des Jugendwerkes in den Bereichen Mitarbeiterfortbildung und Unterricht tätig. Unter anderem hielt sie Fortbildungen für Spielleitung gemeinsam mit Ulrich Kabitz. Vera Begel weist darauf hin, dass hierbei ganz besondere Fähigkeiten Bruckners zum Vorschein gekommen seien.

Insgesamt war die Tätigkeit in der evangelischen Jugendarbeit eine anstrengende, aber erfüllende Zeit für Liesel Bruckner. 10 Jahre davon fielen in die Zeit des Nationalsozialismus und damit des Kirchenkampfes. Über die Erschwernisse und Bedrohungen, die sich für die Jugendarbeit der evangelischen Kirche daraus ergaben, hat Liesel Bruckner selbst berichtet. 1950 wechselte sie in die Gemeindearbeit ihrer Heimatgemeinde Amberg, wo sie jahrzehntelang zunächst als Pfarrvikarin und nach ihrer Ordination (1976) weit über ihre Pensionierung hinaus als Pfarrerin wirkte. Mit Ernsthaftigkeit und Engagement war sie in der Jugendarbeit, im schulischen und kirchlichen Unterricht, in der Frauenarbeit und in der Seelsorge tätig. Zugleich war sie auch überall dort zuständig, wo es in der großen Diasporagemeinde „Lücken“ gab. So hielt sie aufgrund des Pfarrermangels einzelne Abendmahlsgottesdienste und Taufen, obwohl dies vom bayerischen Vikarinnengesetz nicht zugelassen war. Neben aller Erfüllung, die ihr der Beruf brachte, der für sie Berufung war, erlebte sie auch immer wieder Enttäuschungen und schwierige Zeiten, die sich aus den unzureichenden Regelungen des bayerischen Vikarinnengesetzes ergaben. Die rechtlich untergeordnete Stellung des Vikarinnenamtes erschwerte Liesel Bruckner über viele Jahre die Zusammenarbeit mit einem der Pfarramtsführer.

Die Kirchenleitung würdigte ihre Tätigkeit als Pfarrvikarin durchaus. So wurde ihr die Ausbildung von Lehrvikarinnen anvertraut. Ehemalige ehrenamtliche Mitarbeitende berichteten bei der Gedenkfeier der Amberger Kirchengemeinde anlässlich Bruckners 100jährigen Geburtstags 2012 von ihrem integrierenden Gemeindekonzept. Sie habe Jesus Christus als Mitte gesehen, um den sich alle Haupt- und Ehrenamtlichen mit ihren jeweiligen Aufgabenbereichen versammeln sollten. Schließlich legte sie die traditionelle Vorstellung von der Gemeinde, die wie eine „Herde“ einen „Hirten“ brauche, endgültig ab. Sie ersetzte das eher patriarchale Bild vom „Hirtendienst“ des Pfarrers für seine Gemeinde durch das partnerschaftliche Bild vom Leib Christi, dessen Glieder einander mit ihren Gaben dienen.

Liesel Bruckner nimmt neben einigen weiteren bayerischen Theologinnen einen wichtigen Platz in der Diskussion um die Mitarbeit der Frau im geistlichen Amt ein. Sie achtete darauf, dass der Kontakt des Theologinnenkonvents zur Kirchenleitung trotz aller Meinungsverschiedenheiten erhalten blieb. Beharrlich und mit großem Ernst, in Verantwortung gegenüber der Autorität der heiligen Schrift, im theologischen Ringen und bestärkt von der eigenen Erfahrung im Amt der Vikarin entwickelten Liesel Bruckner und ihre Kolleginnen nach und nach die Forderung nach dem „vollen Amt“ für die Theologin. Liesel Bruckner war hier selbst zurückhaltend. Das wichtigste war ihr neben ihrer Berufung durch Gott und die Gemeinde die Erlaubnis zur Sakramentsverwaltung. Die Entwicklung führte schließlich 1975 mit Beschluss der Landessynode zur Integration der Theologinnen in das Pfarrergesetz. Nun konnten Frauen in gleicher Weise wie Männer ordiniert werden. Bruckner wurde am gleichen Tag wie Käthe Rohleder, am 4. April 1976, und damit kurz vor Beginn ihres Ruhestandes, ordiniert. Im Rückblick auf ihr Leben vermerkt sie kritisch, dass nicht alle innovativen Forderungen der Theologinnen mit der Frauenordination erreicht worden seien. Die Theologinnen hätten von Anfang an zugleich mit der Mitarbeit der Frau im geistlichen Amt die Reform des „Ein-Mann-Pfarramtes“ im Sinne einer Differenzierung des geistlichen Amtes angestrebt. Diese Fragestellung sei auch in der Gegenwart noch nicht zufriedenstellend beantwortet.

Reformatorische Impulse

Für Liesel Bruckner und die ersten bayerischen Theologinnen galt das reformatorische Prinzip „sola scriptura“ in besonderer Weise. Sie wollten nicht gegen die Heilige Schrift die Frauenemanzipation im Pfarramt durchsetzen, sondern herausfinden, was Gottes Wille in dieser Frage war. Dabei stießen sie in ihrem Studium auf die herkömmlichen Interpretationen der relevanten Bibelstellen, die mittels der Theologie der Schöpfungsordnungen, aber weit mehr noch mit Hilfe einer bestimmten Vorstellung vom Amt des Pfarrers als Hirtenamt (Peter Brunner) geschlechtsspezifisch gedeutet wurden. Ihre eigenen Erfahrungen im Amt der Vikarin bestärkten die ersten Theologinnen darin, dass ihre Arbeit von Gott gesegnet war. Dies führte sie zu neuen theologischen Ansätzen in der Auslegung der Heiligen Schrift. Liesel Bruckner hatte die bayerischen Theologinnen 1963 auf Wunsch des bayerischen Landesbischofs Dietzfelbinger zur gemeinsamen Arbeit an der Denkschrift „Die Theologin im Dienst der Kirche“, genannt „Das gute Wort“, angehalten. Ihre eigenen Äußerungen waren nie plakativ, sondern stets theologisch begründet. Diese Art der Herangehensweise setzte sich auch in den synodalen Ausschüssen durch. Sie war notwendig, um diejenigen, die der Frauenordination skeptisch gegenüber standen, zu überzeugen. Um eine theologisch abgesicherte Argumentation für die Frauenordination zu erreichen, wurde von den Befürwortern die weltliche Forderung der Frauenbewegung nach Gleichberechtigung in der Diskussion der bayerischen Landessynode wenig akzentuiert. Sie tauchte jedoch in theologischen Begründungen wie „Gleichwertigkeit“ von Mann und Frau vor Gott oder „Gleichbegnadung“ durch Gott indirekt auf.

Kommentar

Liesel Bruckner hat mit ihrer beharrlichen und ernsthaften Art der Auseinandersetzung dafür gesorgt, dass die Tür zur Kirchenleitung in der Diskussion um das geistliche Amt der Frau nie zugefallen ist. Das belegt ihr umfangreicher Schriftwechsel mit Landesbischof Dietzfelbinger. Dieser Bischof, der die Ordination der Frau ablehnte, würdigte Liesel Bruckner als Christin und Theologin und nahm die von ihr vorgebrachten Nöte und Streitpunkte ernst. Seine Alternativvorschläge, insbesondere derjenige, die Theologinnen als Kirchenbeamtinnen einzusetzen und ihnen verantwortliche Leitungsfunktionen in der Diakonie zu übertragen, ging jedoch am eigentlichen Problem vorbei und war keine Lösung. Dies machte ihm Liesel Bruckner deutlich. Von einer Änderung seiner Haltung konnte sie ihn nicht überzeugen.

Aus heutiger Sicht wundert man sich bisweilen über die vorsichtige, zurückhaltende Art Liesel Bruckners, mit der sie ihr Ziel verfolgte, den Theologinnen zu mehr Rechten und einem zufriedenstellenden Amt zu verhelfen. Einzelne Theologinnen, insbesondere der nächsten Generation, traten fordernder auf. Ein solches Urteil muss aber mit Vorsicht betrachtet werden. Liesel Bruckner wusste, was auf dem Spiel stand, und wollte die bereits erreichten Möglichkeiten für Vikarinnen nicht gefährden. Dazu kommt, dass sie selbst den Einschränkungen des Vikarinnengesetzes unterlag. Die Vikarinnen hatten im Vergleich zu den Pfarrern nur wenig Rechte. Sie konnten jederzeit versetzt werden. Sie waren dem Kandidatengesetz unterstellt. Ihre Stellen wurden nicht ausgeschrieben, auch gab es keine festgelegten Stellen für Pfarrvikarinnen. Sie hatten den jeweiligen Gemeindepfarrer als Dienstvorgesetzten. Da sie nicht immer zu den Pfarrkonferenzen hinzugezogen wurden, fehlten ihnen Informationen und Austausch. Sie hatten zwar einen eigenen „Dienstbereich“, blieben aber stets von ihrem Vorgesetzten abhängig. Ihre Aufgabe bestand darin, vorhandene Lücken auszufüllen. Vornehmlich erteilten sie Unterricht in Schule und Gemeinde, leiteten die weibliche Jugendarbeit und arbeiteten in der Seelsorge.

In dieser Situation kämpfte Liesel Bruckner für das ihr Wichtigste, nämlich die Sakramentsverwaltung im Dienstbereich. Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung sah sie als Herzstück der Arbeit einer Theologin an. Legt man die Artikel V und VII der Confessio Augustana zu Grunde, mit denen das Wesen des geistlichen Amtes und der Kirche beschrieben werden, wird deutlich: Liesel Bruckner forderte genau das hier beschriebene Amt, dessen grundlegende Aufgaben die Verkündigung des Evangeliums und die Sakramentsverwaltung in der Versammlung der Gläubigen sind. Das Verbot des Vikarinnengesetztes, als Frau Abendmahlsgottesdienste zu halten, setzte ihr schwer zu. Da sie die erreichten Fortschritte nicht gefährden wollte, bestand sie auf grundsätzlicher theologischer Durchdringung des Themas. Nachdem sie sich selbst aber endgültig klar darüber geworden war, dass die von den theologischen Gegnern der Frauenordination formulierte Amtslehre aus biblischer Sicht fragwürdig war, setzte sie auf die Entscheidungsvollmacht der Synode. Sie hielt ihre Kolleginnen dazu an, an der Synode teilzunehmen und den Beruf und die Situation der Vikarinnen den ehrenamtlichen Synodalen, die oft gar keine Vikarinnen kannten, vorzustellen. Bruckners Weg der vielen kleinen Schritte, der Überzeugungsarbeit, der Vernetzung der Theologinnen untereinander und der nie endenden Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift führte schließlich zum Ziel. Ihre Bescheidenheit, ihre Ernsthaftigkeit und ihr Gottvertrauen beeindrucken. Ihre intensive Anleitung der ehrenamtlichen Mitarbeitenden und der jungen Theologinnen ist bis heute in Erinnerung. Einige aus ihrer Mitarbeiterschaft waren später selbst im religionspädagogischen Bereich tätig, einzelne studierten Theologie. So kann man sagen, dass Liesel Bruckners Wunsch nach geistlicher Mitarbeit in der Kirche in Erfüllung ging. Ihr Konfirmationsspruch lautete  „Gedenke an den Herrn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.“ Dieses Bibelwort hat sie ihr Leben lang begleitet. Im Alter sah sie es als erfüllt an. Mit Dankbarkeit blickte sie auf ihren Lebensweg zurück. Dass sie Theologin werden und schließlich sogar ordiniert werden konnte, deutete sie als Gottes Führung. Mit ihrer kurzen Autobiografie, die sie 1994 auf Anregung von Dekan Gebhard verfasste, legte sie ein eindrückliches, schlicht gehaltenes Zeugnis davon ab, wie sie als Christin lebte und arbeitete und was ihr Leben beeinflusste.

Zum Weiterlesen

V. Begel: Wegbereiterin für die Frauenordination in Bayern: Lisette Bruckner 1912-1999, in: S. Schneider-Grube (Hrsg.), Ergänzungsbroschüre fromm – politisch – unbequem: Evangelische Frauen des 20. Jahrhunderts. Ergänzungsbroschüre zum gleichnamigen Buch der Ausstellung fromm-politisch-unbequem – Evangelische Frauen des 20. Jahrhunderts in Bayern, München 2010, 20-25.

L. Bruckner: Bericht über den Weg der bayerischen Theologin, Rummelsberg 1985.

L. Bruckner: Der Lebensweg einer Theologin. Pfarrerin i.R. Liesel Bruckner, Amberg 1994.

G. Diestel/U. Zapf: Lisette Bruckner, in: H. Erhart (Hrsg.), Lexikon früher evangelischer Theologinnen. Biographische Skizzen, Neukirchen-Vluyn 2005, 56.

G. Nützel: Liesel Bruckner, in: H. Köhler u.a. (Bearb.): Dem Himmel so nah – dem Pfarramt so fern. Erste evangelische Theologinnen im geistlichen Amt, Neukirchen-Vluyn 1996, 19-21.

A. Zeiß-Horbach: Mitarbeit im geistlichen Amt? Der Dienst der ersten bayerischen Theologinnen, in: Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte 81 (2012), 307-353.