Bedienhilfe zur Biografie

Hier ist die Biografie der ausgewählten Frau zu finden. Unter dem Namen der Frau erscheint eine Überschrift, die als Motto für ihr Leben zu verstehen ist. Jede Biografie ist anschlussfähig für den social media Bereich. Die Biografie kann als Link gepostet werden, wobei gleichzeitig die EKD Datenschutzrichtlinien berücksichtigt werden. Durch Anklicken der Felder „Beziehungen“, „Wirkungsbereich“, „Reformatorische Impulse“, „Kommentar“ und „Zum Weiterlesen“ öffnen sich die Felder und der jeweilige Inhalt kann gelesen werden.

Wenn Sie wieder zur Ansicht der Erinnerungslandkarte von den Frauen, die reformatorische Impulse gesetzt haben, gelangen möchten, klicken Sie bitte oben links auf „Zurück zur Karte“. Wenn Sie den Bereich wechseln möchten, können Sie dies durch Anklicken der jeweiligen Rubriken in der oberen Menüleiste tun. In roter Schriftfarbe ist immer der Bereich kenntlich gemacht, in dem Sie sich gerade befinden.

Anna Neumann zu Wasserleonburg

Eine selbstbewusste Wirtschaftsmagnatin: Anna Neumann zu Wasserleonburg

Ein Beitrag von Alexander Hanisch-Wolfram

Anna Neumann zu Wasserleonburg Copyright: Museum der Stadt Villach

Lebensdaten:

1535 - 1623

Unter weiteren Namen bekannt als:

die Herrin von Murau, Anna Neumann, die Neumannin


Beziehungen

Der erste Lebensmittelpunkt von Anna Neumann, geboren am 25. November 1535, war Schloss Wasserleonburg mit der dazu gehörigen Grundherrschaft in der Nähe von Villach (Kärnten, Österreich). Sie verbrachte dort ihre Kindheit und Jugend und lebte dort auch in der Zeit ihrer ersten Ehe mit Hans Jakob Freiherrn von Thannhausen, den sie 1557 geheiratet hatte. Im Zuge der zweiten Eheschließung verlagerte sich der Lebensmittelpunkt der Anna Neumann nach Murau in der Steiermark; im dortigen Schloss Murau lebte sie nun bis zu ihrem Lebensende, von dort aus hielt sie nicht nur die Fäden über all ihre Besitzungen zusammen, sondern gestaltete auch die Beziehungen zu denen Menschen, mit denen sie in Kontakt trat.

Einen zentralen Hintergrund der Lebensgeschichte der Anna Neumann bildet der wirtschaftliche Aufstieg der Familie Neumann, der durch ihren Vater, Wilhelm Neumann, bewirkt wurde. Grundlage dieses Aufstiegs war der Bergbau, insbesondere der Bleibergbau in Bleiberg und der Quecksilberbergbau in Idrija. Zudem engagierte sich Neumann auch im Handelsgeschäft, wobei die Handelskontakte weit über Kärnten hinausreichten.

Der Stellenwert, den einerseits die Familie Neumann (trotz dem „Makel“ des sozialen Aufsteigers) und andererseits im Laufe der Jahre Anna Neumann selbst hatte, zeigte sich in der Wahl ihrer Ehemänner, die aus den mächtigsten, einflussreichsten und vermögendsten Familien Kärntens und der Steiermark (zum Teil der habsburgischen Erblande insgesamt) stammten. Die erste Ehe schloss Anna Neumann 1557 mit Jakob Freiherrn von Thannhausen, der allerdings bereits 1560 verstarb; aus dieser Ehe stammten zwei Töchter (eine davon nach dem Tod des Vaters geboren), die auch die einzigen Kinder der Anna Neumann blieben.

Die zweite Ehe (1566) wurde mit Christoph von Liechtenstein geschlossen, der aus einer angesehenen Familie mit Stammsitz bei Judenburg stammte, die allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits schwer verschuldet war. Neumann half, diese Schulden zu beheben und kam dadurch in den Liechtensteinschen Besitz (1574), unter anderem Schloss Murau selbst. Eingefädelt wurde diese zweite Ehe vermutlich von Annas Mutter Barbara Neumann, die zeitlebens einen erheblichen Einfluss auf die Tochter ausübte und bei praktisch allen Aktivitäten die Gewinnmaximierung zugunsten der Familie Neumann im Auge hatte (zudem war Barbara Neumann zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits die Hauptgläubigerin der Liechtensteins (die Herrschaft Treffen in Kärnten hatte sie von der Familie bereits übernommen). Nach dem Tod Christophs von Liechtenstein 1580 heiratete Anna Neumann zwei Jahre später wiederum, diesmal den damals 56-jährigen Ludwig Ungnad zu Sonnegg, zu dem sie bereits seit ihrer Jugend Kontakt hatte. Dieser dritte Ehemann – der als erster auch Protestant war – entstammte ebenfalls einer traditionell mächtigen Familie, im Laufe des 16. Jahrhunderts hatten die Ungnad in Kärnten und der Steiermark zahlreiche hohe politische Ämter besetzt. Nach nur dreijähriger Ehe starb Ungnad 1585, beigesetzt wurde er in der Kirche St. Egid in Klagenfurt, zu dieser Zeit ein Zentrum des Protestantismus des politischen Zentrums des Landes. Zum vierten Ehemann der Neumann wurde Carl von Teuffenbach, der anders als sein „Vorgänger“ regen Anteil an ihren Geschäften nahm. 1616, als Teuffenbach starb, wurde der Protestant in der Stadtpfarrkirche von Murau beigesetzt, wenngleich zu diesem Zeitpunkt bereits die Gegenreformation eingesetzt hatte. Als sie zum vierten Mal Witwe wurde, war Anna Neumann bereits 75 Jahre alt und mittlerweile ohne direkte Nachkommen, da beide Töchter inzwischen verstorben waren. Dies brachte sie zu der Absicht, ihr persönliches Beziehungsgefüge nunmehr so zu gestalten, dass ihr Vermögen in Hände kommen würde, die ihren Vorstellungen entsprachen, was zunächst und vor allem bedeutete, dass das Vermögen an eine altehrwürdige, angesehene Familie fallen sollte. Da zu dieser Zeit das Rechtsinstrument der Adoption kaum gebräuchlich war, führte diese Überlegung Anna Neumann zu ihrer fünften Ehe, wobei ihre Wahl auf Ferdinand von Salamanca fiel, aus jener angesehenen aus Spanien stammenden Familie, die seit längerem den Titel des Grafen von Ortenburg führte. Allerdings war ihr Ehemann zeitlebens kränklich, sodass Anna Neumann auch diesen Mann überleben sollte. Die Wahl für die sechste Ehe fiel dann auf Georg Ludwig von Schwarzenberg, der etwa 50 Jahre jünger war als sein Ehefrau und zu der er auch ein mütterliches Verhältnis hatte. Er stammte aus einer zwar sehr angesehenen, aber verarmten Familie. Am Vormittag des 18. Dezember 1623 verstarb Anna Neumann in Murau – und ihr Plan, dass das reiche Erbe den Schwarzenberg zufallen sollte, konnte in Erfüllung gehen.

Wenngleich der Schwerpunkt des Wirkens der Familie Neumann in Kärnten und den angrenzenden Ländern, vor allem Steiermark und Krain, lag, so ist auch zu erwähnen, dass aufgrund der wirtschaftlichen Aktivitäten auch überregionale Beziehungen bestanden. So waren die Neumanns im Rahmen ihrer Handelstätigkeit beispielsweise auch in Augsburg präsent. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass in den Jahren, in denen Anna Neumann zur bestimmenden Person wurde, gerade diese überregionalen Verflechtungen aufgelöst wurden – so wurde etwa der Handelskontor in Villach aufgelassen und das einst einträgliche Quecksilberbergwerk in Idria (im heutigen Slowenien) hatte man schon davor abgestoßen. So war der Aktionsradius und damit auch die Eingebundenheit in verschiedene wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen im späteren 16. Jahrhundert etwas begrenzter als bis zur Jahrhundertmitte. Dies ändert freilich nichts daran, dass Anna Neumann trotz allem angesichts ihres Besitzes und ihrer Position von überregionaler Bedeutung war.

Wirkungsbereich

Betrachtet man die biographische „Ausgangslage“ der Anna Neumann, so schien ihr ein für ihre Zeit häufiger Weg vorgegeben, nämlich jener der Tochter eines reichen Hauses, für die eine geeignete prestigeträchtige Ehe angestrebt werden sollte. Allerdings wurde schon bald klar, dass dieser Weg keineswegs so klar vorgegeben sein sollte. Zum einen, weil sie ganz offensichtlich eine sehr willensstarke Frau war, die ihre Biographie selbst in die Hand nahm, zum anderen, weil sie durch die zahlreichen Todesfälle in der Familie Neumann unvermutet zur Erbin eines Wirtschaftsimperiums und mehrerer Grundherrschaften wurde.

Der Wirkungskreis der Anna Neumann erweiterte sich insbesondere in jenen Jahren von 1566 bis 1580, in denen sie mit Christoph von Liechtenstein verheiratet war. In nur wenigen Jahren gab es in ihrer Herkunftsfamilie mehrere Todesfälle, die für ihr weiteres Leben von großer Bedeutung waren: sie hatte ursprünglich vier Brüder gehabt, die allerdings durchweg relativ jung starben – 1565 starb mit Moritz Neumann der letzte männliche Erbe des Neumann-Vermögens. Als nun Barbara Neumann (die in zweiter Ehe mit Hans Seenus verheiratet gewesen war) im Dezember 1572 starb, war die damalige Anna von Liechtenstein die Alleinerbin dieses mittlerweile immensen Vermögens. Sie wurde damit zur Besitzerin eines Wirtschaftsimperiums, das sich über mehrere Länder erstreckte und in diesen Jahren nur wenig Vergleichbares hatte. So wie ihre Mutter dieses Unternehmen nach dem Tod Wilhelm Neumanns selbstbewusst als Frau geführt hatte – und ihren zweiten Ehemann beispielsweise nur sehr am Rande an ihren Entscheidungen und Plänen teilhaben ließ – so übernahm auch Anna Neumann dieses Erbe und führte es mit wirtschaftlichem Geschick ebenso wie mit starkem Selbstbewusstsein weiter. Sie wurde so im Laufe der Jahre zu einer der wirtschaftlich erfolgreichsten und einflussreichsten Personen Innerösterreichs. Gegenüber ihren Ehemännern war Anna Neumann dabei darauf bedacht, diesen Wirkungskreis nicht schmälern zu lassen; dass Christoph von Liechtenstein Vollmachtsträger in ihren Geschäften war, war eher die Ausnahme. Ludwig Ungnad von Sonnegg beispielsweise spielte in ihren wirtschaftlichen Unternehmungen praktisch keine Rolle (wobei es nach Ansicht einiger Biographien die Ehe insgesamt getrübt haben soll, dass Ludwig über keinerlei wirtschaftliches Geschick verfügte).

Dass das selbstbewusste Auftreten einer Frau in einer solchen exponierten und mächtigen Position im späten 16. Jahrhundert auch Argwohn hervorrief und aufgrund dieses Argwohns sogar gefährlich werden konnte, zeigt der Umstand, dass Anna Neumann in die Mühlen des Hexenwahns geriet. Ihr wurde vorgeworfen, mehrere Männer und Frauen zum „Wettermachen“ angestiftet zu haben, um selbst bessere Ernten zu erzielen. Diese Vorwürfe sorgten angesichts der Prominenz der „Beschuldigten“ für einiges Aufsehen, zu einem tatsächlichen Verfahren kam es allerdings nicht.

Reformatorische Impulse

Anna Neumann gehörte einer Generation an, die bereits in die Verbreitung der evangelischen Lehre hineingeboren wurde, zum Zeitpunkt ihrer Geburt war es bereits zehn Jahre her, dass sich Villach der Reformation angeschlossen hatte. In Kärnten hatte die Reformation zu diesem Zeitpunkt schon sehr tiefreichend Fuß fassen können, auch Klagenfurt begann sich zu einem Zentrum der neuen Lehre zu entwickeln und der Adel schloss sich dieser in steigendem Maße an.

Als Besitzerin mehrerer Grundherrschaften hatte Anna Neumann sehr wirkungsvolle und umfangreiche Möglichkeiten, in das Leben der Untertanen ihrer Herrschaften einzugreifen. Dies reichte von den Besitzverhältnissen bis zu Eingriffen in das Privatleben dieser Menschen.

Diese regulierenden Eingriffe betrafen im 16. Jahrhundert und dann vor allem auch – unter umgekehrten Vorzeichen – im 17. und 18. Jahrhundert auch die religiösen Verhältnisse, konkret: das Bekenntnis der Untertanen. Über den Weg der Ehrungsbriefe, jener Dokumente, die die Bedingungen der Grundverleihung festhielten, griff auch Anna Neumann in die konfessionellen Fragen und Auseinandersetzungen ihrer Zeit ein. Allerdings betraf dies, soweit es aus den Quellen ersichtlich und bisher bekannt ist, weniger die zentrale Auseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche und der reformatorischen Bewegung (die sich in Kärnten noch nicht zu einer Kirchenorganisation verfestigt hatte), sondern die innerevangelischen Auseinandersetzungen. In Kärnten hatte die Strömung des Flacianismus breiten Zulauf gefunden. Ein Beleg für diese Parteinahme der Anna Neumann in den internen Konflikten der Reformation ist auch aus dem Umfeld des Geheimprotestantismus erhalten. Am Wöllan, in der Nähe von Villach, hat sich in bäuerlichem Umfeld eine Postille des Simon Musäus erhalten, der ein markanter Gegner der Flacianer war. Es spricht einiges dafür, dass diese – äußerst kostspielige – Postille von Anna Neumann, der Herrschaftsbesitzerin, für den Pfarrer des Gegendtales angekauft wurde. In späteren Jahren der Gegenreformation wurde die Postille dann, wie in vielen anderen Fällen auch, einer bäuerlichen Familie zur Aufbewahrung gegeben, wo sie sich über die Jahrhunderte erhalten hat.

Indizien für die konfessionelle Haltung der Anna Neuman stellen auch einige Kunstwerke dar, die auf sie zurückgehen. Ihr erster Ehemann, Hans Jakob von Thannhausen, wurde in der Dominikanerkirche zu Friesach beigesetzt. Sie ließ dort in einer Seitenkapelle ein Epitaph für ihn errichten, das mehrere Anzeichen typisch protestantischer Grabdenkmäler des 16. Jahrhunderts in Kärnten aufweist. In der Zeit ihrer Ehe mit Teuffenbach ließ Anna Neumann ein Votivbild für ihren Vater Wilhelm und den Bruder Michael herstellen, das sich in der Kirche in St. Georgen im Gailtal befindet; ebenso ließ sie ein Votivbild für die Brüder Moritz und Georg, für den Stiefvater, ihre Mutter und die Tochter Barbara malen, das sich in Schloss Treffen (in der Nähe von Villach) befindet. Es erscheint plausibel, dass dieses 1593 geschaffene Bild ursprünglich für die Kirche St. Jakob in Villach gedacht war, die im Laufe des 16. Jahrhundert zum kirchlichen Zentrum des Protestantismus in und um Villach avanciert war. Angesichts der 1594 erfolgten Rekatholisierung der Kirche dürfte es aber für die Protestantin Anna Neumann nicht mehr möglich gewesen sein, das Bild in der Kirche anbringen zu lassen.

Auch ihr Tod bzw. ihr Begräbnis warf die religiöse Frage auf, denn als sie 1623 in Murau starb, lag die erste Welle der gewaltsamen Rekatholisierung bereits etwa 25 Jahre zurück und die Habsburger warteten nur noch auf eine Festigung ihrer Position, um auch gegen den evangelischen Adel vorzugehen (was in Kärnten und Steiermark dann 1628 erfolgte). Ihr Witwer suchte jedenfalls darum an, dass sie in der katholischen Pfarrkirche zu Murau begraben werden dürfe. Er schrieb in dem betreffenden Ansuchen, sie sei bis zu ihrem 20. Lebensjahr in der katholischen Religion verharrt und habe den Rest ihres Lebens „ohne einzige Ergernus“ zwar in der Augsburgischen Konfession verbracht, sei innerlich aber dem Katholizismus zugetan gewesen, was sich nicht zuletzt in ihrem Wirken in bzw. für die Murauer Kirche zeigte. Es ist allerdings auch plausibel, dass Schwarzenberg mit dieser Argumentation erhoffte, die Genehmigung zu einem Begräbnis in der Kirche zu erlangen. Angesichts der klaren Vorgaben des Tridentinums wurde das Begräbnis jedoch verweigert. Anna Neumann wurde in der nordseitigen Mauer der Elisabeth-Spitalskirche beerdigt. Das Begräbnis am 29. Januar 1624 war angesichts der Gäste ein gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges, ungeachtet der Tatsache, dass sie als Protestantin einer mittlerweile stark in die Defensive und offiziell völlig unerwünschten Konfession angehörte. Im Juli 1624 heiratete Schwarzenberg seinerseits Elisabeth Gräfin zu Sulz.

Es ist auffallend, dass es gerade die Stellung Anna Neumanns zur reformatorischen Lehre ist, die in den verschiedenen Biographien unterschiedlich, ja geradezu kontrovers beurteilt wird (was im übrigen bis zu einem gewissen Grad damit korreliert, dass auch die Einschätzungen dessen, wie glücklich oder harmonisch ihre Ehen im Einzelnen waren, auseinander gehen). Wolfgang Wieland, der die bislang umfassendste (auch durch Quellen untermauerte) Biographie verfasst hat, stellt beispielsweise fest, dass ein Beweggrund für die 1582 geschlossene Ehe mit Ludwig Ungnad zu Sonnegg gewesen sein könnte, dass dieser anders als seine „Vorgänger“ Protestant war. Joseph Bergmann stellte fest, dass sie aufgrund ihres Reichtums, ihres Geistes, ihrer Ehen und ihrer „Anhängerschaft an die neue Lehre“ unter Zeitgenossen und danach berühmt gewesen sei. Gleichzeitig verweist Bergmann aber auch auf das Ansuchen ihres letzten Ehemannes hinsichtlich des Begräbnisses, wonach sie innerlich dem Katholizismus zugetan gewesen sei. Dass sie trotzdem beim evangelischen Glauben geblieben sei, habe seine Ursache in einem Versprechen gegenüber dem Vater Wilhelm Neumann, „bei seiner von ihm angenommenen und ihr aufgedrungenen Konfession zu verbleiben“ (Joseph Bergmann, Anna von Neumann von Wasserleonburg und ihre Gatten, 58). Es erscheint allerdings recht unplausibel, dass selbst in Zeiten einer zunehmend bedrängenden Gegenreformation die Treue zum Vater allein ausgereicht hätte, um evangelisch zu bleiben. Besonders auffallend ist die Thematisierung dieser konfessionellen Frage im biographischen Roman von Maria Steurer – dem die Autorin sehr betont die Bemerkung voranschickt, dass er sich bei aller dichterischen Freiheit auf die Auswertung archivalischer Quellen stütze. Mehrfach spricht Steurer an, dass Anna Neumann in ihrem Herzen eigentlich zeitlebens und zunehmend katholisch gesinnt gewesen sei und dass es am Ende ihres Lebens für sie von großer Wichtigkeit gewesen sei, dass ihr Vermögen nun in katholische Hände komme.

Kommentar

Anna Neumann von Wasserleonburg – die bemerkenswerter Weise trotz ihrer sechs Ehen bis heute auch in Forschung und Vermittlung zumeist bei ihrem Geburtsnamen genannt wird – war eine in mehrfacher Hinsicht herausragende Persönlichkeit ihrer Zeit. Sie repräsentierte angesichts ihrer sozialen Stellung zweifellos eine sehr dünne gesellschaftliche Oberschicht, war dabei jedoch als Frau bzw. Tochter eigentlich keineswegs dafür vorgesehen, eine solche prominente Stellung zu erhalten. Der Tod als Begleiter ihrer Biographie hatte hier einen maßgeblichen Anteil: vom frühen Tod des Vaters über den ihrer Brüder bis hin zu den fünf Ehemännern, die sie überlebte. Ungeachtet der Persönlichkeit Anna Neumanns selbst demonstriert dieser tragische Aspekt einen wesentlichen Punkt: sie konnte in diese herausragende Stellung vielfach nur deshalb gelangen, weil die eigentlich dafür vorgesehenen Männer nicht mehr lebten.

Hinsichtlich des Verhältnisses der Anna Neumann zur Reformation bzw. zum evangelischen Bekenntnis ist auffallend, wie die Bewertungen hier auseinander gehen. Dass mehrfach die Annahme tradiert wurde, Anna Neumann sei lediglich aus familiärer Solidarität bei diesem evangelischen Bekenntnis geblieben, aber eigentlich sei sie katholisch gesinnt gewesen, wird durch eine aufmerksame und den Umständen der Zeit Rechnung tragende Analyse historischer Quellen deutlich entkräftet: Sie nahm aktiv Anteil an den konfessionellen Auseinandersetzungen ihrer Zeit und dies zugunsten des lutherischen Bekenntnisses. Zudem sind die Darstellungen, wonach sie „im Grunde ihres Herzens“ katholisch gewesen sei, häufig mit der Zuweisung einer betonten, „frauentypischen“ Emotionalität verbunden, als sei es schwer zu glauben, dass sich eine Frau in dieser Zeit bewusst und aus freien Stücken und eigener Überzeugung für das evangelische Bekenntnis eingesetzt habe.

Zum Weiterlesen

J. Bergmann: Anna von Neumann von Wasserleonburg und ihre Gatten, in: Car I 51 (1861), 57f., 66f., 93f.

C. Fräss-Ehrfeld: Geschichte Kärntens. Band 2: Das ständische Zeitalter, Klagenfurt 22005.

W. Haller: Wilhelm Neumann, der größte Handelsherr der bambergischen Stadt Villach, und sein Erbe, in: Car I 153 (1963), 439-456.

A. Hanisch-Wolfram: Die weibliche Seite der evangelischen Geschichte – ein zentraler Traditionsstrang des Protestantismus in Kärnten, in: Evangelische Akademie Wien (Hrsg.), Frauen und Reformation. Zwischen Spindel und Bibel. Tagungsband in 5 Sprachen, Wien 2012, 135-163.

A. Hanisch-Wolfram (Hrsg.): Die Hälfte des Himmels. Protestantische Impulse zur Gleichberechtigung der Frauen. Katalog zur Sonderausstellung im Evangelischen Kulturzentrum Fresach, Klagenfurt 2014.

A. Hoechstetter-Müller: Die Villacher und Augsburger Herkunft des Christian Proy von Burgwalden, Herrn zu Wasserleonburg und Treffen, in: Car I 195 (2005), 275-303.

L. Jahne: Zur Lebensgeschichte Anna Neumanns zu Wasserleonburg, in: Car I 119 (1929), 158f.

M. Steurer: Die sechs Ehen der Anna Neumann (Roman), Wien 1954.

C. Tropper: Die Bedeutung von Frauen für den Geheimprotestantismus in Kärnten, in: R. Furter/A.-L. Head/L. Lorenzetti (Hrsg), Religion et Confessions: Divergences et Convergences / Religion und Konfessionen: Divergenzen und Konvergenzen (= Histoire des Alpes / Storia delle alpi / Geschichte der Alpen Bd.18), Zürich 2013, 91-103.

W. Wieland: Anna Neuman von Wasserleonburg. Die Herrin von Murau, Murau 1999.