Meine Truhe

Hier sehen sie eine geöffnete virtuelle Truhe, die von einer Mitreisenden oder einem Mitreisenden auf die Reise geschickt wurde. Die Inhalte der virtuellen Truhe sind so vielfältig wie die Mitreisenden und ihre Biografien, ihre Überzeugungen, Hoffnungen und Weltanschauungen – einige virtuellen Truhen sind nur mit wenigen Angaben befüllt, andere wiederum quellen fast über. Jede lädt zu einer Entdeckungsreise ein, was der oder dem anderen wichtig ist. Sie können die Inhalte der Truhen der Mitreisenden nur lesen, nicht kommentieren.

Bedienhilfe zur Truhe

Hier kann eine geöffnete virtuelle Truhe von Mitreisenden angeschaut werden. Neben persönlichen Angaben ist sichtbar, welche Frauen-Biografie ausgewählt und mit auf die Reise genommen wurde. Außerdem sind die von den Mitreisenden gegebenen Antworten zu den drei Leitfragen lesbar. Durch Anklicken des Buttons oben rechts wird wieder zur „Rezeption“ gewechselt, wo

die Möglichkeit besteht, die geschlossenen virtuellen Truhen aller Mitreisenden anzusehen oder selbst eine eigene virtuelle Truhe auf die Reise zu schicken. Wenn Sie den Bereich wechseln möchten, können Sie dies durch Anklicken der jeweiligen Rubriken in der oberen Menüleiste tun. In roter Schriftfarbe ist immer der Bereich kenntlich gemacht, in dem Sie sich gerade befinden.

Artikelbild
Truhe von
Friederike Heinecke

53 Jahre, Pastorin

Mitgenommene Biografie

Artikelbild Margarete Blarer

Mutwillig und lustig dem Herrn dienen

Link zur Biografie


Leitfrage 1. Was verstehst du unter „Reformation“?

Ständig verändert sich etwas, stets ist Wandel die einzige Kontinuität. So bin ich als erste Frau auf der Insel Amrum Pastorin. Amtierende Pastorin. Hier wurden die Frauen der Pastoren auch Pastorin genannt. Doch bei mir ist es so, dass ich das Amt innehabe. Als ich in 2003 dieses Amr antrat, war mir das Ausmaß dessen nicht bewusst. Ich wusste zwar, dass ich die erste Frau bin, die hier die Kanzel besteigen durfte. Na und?, dachte ich. Heute, nach 10 Jahren, ist das anders. Ich erkenne, wie tief die Bilder sitzen: Gott ist ein Mann, oben auf dem Altarretabel ist ein alter Mann mit Rauschebart abgebildet, also muss auch der Stellvertreter ein Mann sein. Kindergartenkinder von damals sprachen von meinem Vorgänger als Gott. Jetzt habe ich sie als Konfirmanden und Konfirmandinnen. An unserem ersten Unterrichtsnachmittag führe ich sie durch die Kirche. Wir sehen uns das Altarretabel an, ich frage sie, wer das da oben sei. Sie antworten: Gott. Ich frage: Glaubt ihr noch an den Weihnachtsmann? Nein, aber ... Gut. und dann sage ich ihnen, dass der Konfer dafür da ist, den Glauben an den Weihnachtsmann zu verlieren, weil man damit nämlich unglücklich wird. Und dass es gilt, neu das Glauben zu lernen. Die 1,5 Jahre genügen dafür nicht. Vorzeitig muss ich konfirmieren ...

Leitfrage 2: Welche Aspekte der ausgewählten Biografie gefallen dir? Warum willst du diese Aspekte mit auf die Reise nehmen?

Die Biografie, die mich zurzeit am meisten interessiert ist die der Marguerite Porete. Sie war Begine, eine gebildete Frau, eine dichterisch veranlagte Frau, die ein Buch schrieb: Der Spiegel der einfachen, zu Nichts gewordenen Seelen. Auf Französisch. 1310 wurde sie für dieses Buch verbrannt. Mehr weiß man/frau nicht über ihre Biografie. Oder meineswissens nicht viel mehr. Sie hatte ein tief gegründetes \"Selbst\"-Bewusstsein. Und keine Angst vor den Herrschenden, keine Angst vor dem Tod. Sie dürfte tiefe Erkentnisse gewonnen haben. Was ich in dem Buch erkennen konnte, nachlesen, war mir zunächst unverständlich. Im Laufe der letzten 25 Jahre bin ich hinein gewachsen. Ihre Kirchenkritik war radikal: Es gibt keine Vermittlung zwischen Gott und Mensch. Jeder und jede muss den Weg zu und mit Gott allein gehen. Heißt: Wenn Kirche nicht der Raum des Austausches und der Begleitung ist, ist sie Raum für Esel und Großkotze. Das macht eine Kirche überflüssig, die sich auf Macht stützt, auf normatives Machtgehabe. Auf Dogmatik, auf Wissen, das nicht selbst überprüft wurde.

Leitfrage 3: Welche Aspekte der ausgewählten Biografie möchtest du dir nicht zu eigen machen? Warum gehören diese Aspekte nicht in deine Reformationstruhe?

Ich möchte nicht für meine Überzeugung verbrannt werden. Ich möchte meinen zwar gerechten aber störenden Zorn über so viele Jahrhunderte auch evangelischen Irrtums verständnisvoll und liebevoll loslassen können. Ich würde gerne einen Ort finden, an dem WIR lernen können, friedlich und liebevoll in dieser Welt leben - auch und gerade angesichts der vielen Gewalt. Und diese Gewalt ist ebenso strukturell wie akzidentiell kriegerisch. Hat diese Kirche überhaupt noch Antennen für eine Theologie, die tiefer geht? Wo bietet sie Schutzräume als Werkstätten, Labore für die Forschungsreise nach Gott und der eigenen Seele, die mit Gott eins werden kann?