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Helena von Freyberg

Eine Täuferin von Format. Helena von Freyberg geht ihren Weg

Ein Beitrag von Marion Kobelt-Groch

Helena von Freyberg

Lebensdaten:

ca. 1480 - 1545

Unter weiteren Namen bekannt als:

Helena Freifrau von Freiberg, Helene von Freyberg


Beziehungen

Als Täuferin ist Helena von Freyberg in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmegestalt. Zunächst einmal allein wegen ihrer Herkunft. Nur wenige adlige Männer und Frauen fanden den Weg zu den Täufern. Es waren zumeist Handwerker und bäuerliche Schichten, die sich von den täuferischen Bewegungen angezogen fühlten, gelegentlich auch Geistliche und Schulmeister, die aufgrund ihrer theologischen Kenntnisse nicht selten zu Führergestalten avancierten. Im Gegensatz zu ihrer oft ungebildeten Gefolgschaft beiderlei Geschlechts waren sie in der Lage, ihren täuferischen Glauben schriftlich festzuhalten und in gelehrter Manier zu verteidigen. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise an den studierten Täuferführer Balthasar Hubmair (um 1480 – 1528) oder den Buchbinder und Buchführer Hans Hut (um 1490 -1527) erinnert, die beide für ihre Überzeugung in den Tod gingen. Als Helena von Freyberg um 1480 als Helena von Münichau im gleichnamigen, noch heute existierenden Schloss bei Kitzbühl das Licht der Welt erblickte, waren die Täufer noch kein Gesprächsthema. Es gab sie noch nicht. Erst 45 Jahre später sollten sie im Zuge der Reformation von sich reden machen. Die Täufer gehören zu den Radikalen der Reformation, zu jenen, die weiter gingen als alle anderen Reformatoren, allen voran Martin Luther. Das markanteste Merkmal der Täufer ist sicherlich, dass sie die Kindertaufe ablehnten und  stattdessen die Erwachsenentaufe praktizierten, da ihrer Ansicht nach der Glaube der Taufe vorangehen müsse. Aber auch bei den theologischen Begründungen der Erwachsenentaufe waren sie sich untereinander keineswegs einig. Obwohl theologische Feinheiten aller Art für den „gemeinen Täufer“ oft schwer nachvollziehbar waren, scheinen die Täufer dennoch den Nerv der Zeit getroffen und viele verunsicherte Männer und Frauen angesprochen zu haben. Sich kompromisslos zu den Täufern zu bekennen, erforderte Mut und auch die Bereitschaft, für den Glauben notfalls in den Tod zu gehen. So wollten es die oft harten Gesetze, die aber keineswegs überall zur Anwendung kamen. In katholischen Gebieten fiel die Verfolgung dementsprechend härter aus, in evangelischen gemeinhin milder. Die neuere Täuferforschung sieht die Täufer nicht als homogene Glaubensgemeinschaft mit einem festen Gründungstermin, vielmehr wird von einem facettenreichen Erscheinungsbild ausgegangen. Nicht von einem Täufertum ist die Rede, sondern von mehreren täuferischen Bewegungen, die an unterschiedlichen Stellen ins Leben traten, angefangen in der Schweiz. Erstaunlich ist weiterhin, dass wir über Helena von Freybergs Leben über Jahrzehnte hinweg quellenmäßig besser informiert sind als über das der meisten  Glaubensschwestern, die nur kurz im Rampenlicht standen, wenn sie verhört oder bestraft wurden, um dann wieder im Dunkel der Geschichte zu verschwinden. Und noch etwas erstaunt. Helena von Freyberg scheint sich aus freiem Willen und sehr selbstbewusst für den täuferischen Glauben entschieden zu haben. Es gibt keinen Beleg dafür, dass sie zunächst eine Anhängerin Luthers gewesen sein könnte, unklar ist auch, wie intensiv sie vor ihrer wohl 1527 erfolgten Hinwendung zu den Täufern reformatorisches  Gedankengut verinnerlicht hatte. Am 7. März 1528 ergeht jedenfalls an den Pfleger von Kitzbühel der Befehl, Hab und Gut der Freifrau von Freyberg zu beschlagnahmen, sollte sich herausstellen, dass sie sich mit ihrem Gesinde habe taufen lassen. Das klingt nach einem Taufakt, der wahrscheinlich im Schloss stattgefunden hat und alle oder die meisten Bewohner einschloss. Möglich, in diesem Fall aber wohl eher unwahrscheinlich, wäre aber auch, dass Helene von Freyberg samt Gesinde zu einer der heimlichen Täuferversammlungen gegangen ist, die zumeist nachts an entlegenen Orten stattfanden, im Wald, einer Scheune oder Mühle. Helena von Freyberg hatte 1506 Onophrius von Freyberg geheiratet und war Mutter von vier Söhnen geworden. Im Zusammenhang mit dem obrigkeitlichen Vorwurf einer erfolgten Taufe waren Ehemann und Kinder nicht von vorrangigem Interesse, was wiederum darauf schließen lässt, dass Helena ihren Weg sehr selbständig verfolgte. Am 17. März 1528 heißt es lediglich, dass nach Helene von Freyberg und ihren beiden Söhnen gefragt werden möge. Glaubensdifferenzen konnten Ehepaare und Familien auseinanderreißen, wenn das Leben mit andersgläubigen Ehepartnern oder Verwandten als unerträglich empfunden wurde. Immer wieder findet sich in Verhören sowohl von inhaftierten Männern als auch Frauen der Hinweis auf Matthäus 19,29: „Und wer verlässt Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kind oder Äcker um meines Namens willen, der wird’s hundertfältig nehmen und das ewige Leben ererben.“ Nach diesem Bibelvers zu handeln, bedeutete in letzter Konsequenz alle familiären Bindungen zu zertrennen und stattdessen ein neues Leben  in einer täuferischen Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern zu suchen. Petronella von Holdenstedt, die am 4. Oktober 1535 zu Gröningen in der Bode ertränkt wurde, war eine jener entschlossenen Täuferinnen, die ihrem „ungläubigen“ Ehemann davongelaufen war. Bei den Freybergs hat es diese Trennung so nicht gegeben. Der lutherisch gesonnene Onophrius und die täuferische Helena von Freyberg blieben über alle Glaubensdifferenzen hinweg einander zeitlebens verbunden. 

Wirkungsbereich

Ihre täuferischen Aktivitäten, die Helena von Freyberg immer wieder zu einer allenfalls Geduldeten, vor allem aber Verfolgten werden ließen, dürften sich zunächst eher unauffällig auf Schloss Münichau entfaltet haben. Hierauf bezieht sich auch der obrigkeitliche Unmut über angeblich empfangene Taufen. Allerdings dauerte es nahezu zwei Jahre bis mit letzter Gewissheit feststand, dass die Adlige sich tatsächlich den Täufern angeschlossen hatte. Obwohl sie in dem Verdacht stand, ihnen anzugehören, war ihr zunächst gestattet worden, gefangene Täufer zu besuchen. In Innsbruck sah man dies gar nicht gerne und ließ den Kitzbüheler Pfleger wissen, dass der „Münichauerin“ derartige Besuche nicht zu gestatten seien. Stattdessen, so heißt es in einem Schreiben vom 11. Juli 1528, sei sie nach Innsbruck zu schicken. Nachdem die Gerüchte sich nicht zuletzt durch die Aussagen von Täufern zu bewahrheiten schienen, dass Helena von Freyberg täuferischen Glaubens sei, wurde es für sie enger. Gefangennahme drohte, vielleicht sogar der Tod, denn auf die sogenannte „Wiedertaufe“ stand sowohl für Männer als auch Frauen die Todesstrafe. Zunächst einmal wurden Helena von Freybergs Güter eingezogen, die jedoch nicht verlorengingen, da sie im Juni 1530 den Söhnen übertragen wurden. Wenn sie ihr Leben retten wollte, musste sie Tirol verlassen. Helene von Freyberg begab sich nach Konstanz, wo sie aber bereits im November 1532 ausgewiesen wurde. Wie andere verfolgte Täufer und Täuferinnen wird sie dies als  harte Strafe empfunden haben, denn Ausweisung oder Flucht kamen nicht selten einem sozialen Tod gleich. Die offensichtlich immer noch existierenden familiären Bindungen im Einklang mit dem obrigkeitlichen Angebot zu widerrufen, mögen dazu geführt haben, dass Helena von Freyberg im Oktober nach langem Hin und Her einen nichtöffentlichen Widerruf leistete, der jedoch einen taktischen Hintergrund gehabt haben dürfte. Sich offiziell von den Täufern zu distanzieren, verschaffte zunächst einmal eine gewisse Atempause. Dennoch dürfte gerade dieser Widerruf ihr über Jahre hinweg schwer zu schaffen gemacht zu haben, wovon ihr späteres, undatiertes Schuldbekenntnis zeugt, in dem sie diesen Schritt zutiefst zu bedauern scheint. Da es für Helena von Freyberg nicht möglich war, in Tirol dauerhaft ansässig zu sein, musste sie sich um eine andere Bleibe kümmern. Der Weg führte sie nach Augsburg. Aber auch hier lebte es sich als Täuferin keineswegs unbeschwert. Im Zuge der Ereignisse um das Täuferreich zu Münster, die die obrigkeitliche Furcht vor den Täufern weiter steigerten, wurde sie 1535 inhaftiert und später aus Augsburg ausgewiesen. Wahrscheinlich hielt sie sich wieder in Tirol auf, kehrte jedoch 1539 nach Augsburg zurück, wo sie 1545 starb. Die skizzierten Lebensstationen Helena von Freybergs verraten zunächst einmal wenig über ihr täuferisches Wirken, das von Anfang an über die empfangene Glaubenstaufe und eine stille Gefolgschaft hinausgegangen zu sein scheint. Bemerkungen in den Täuferakten und das Schuldbekenntnis lassen erkennen, dass Helena von Freyberg zu jenen Täuferinnen gehörte, die sich aktiv für die Festigung und Verbreitung des täuferischen Glaubens einsetzten. Dazu gehörte, dass sie Versammlungen organisierte, Täufern Unterschlupf gewährte und Gefangene besuchte. Vielleicht ging sie in ihrem Engagement sogar noch einen Schritt weiter, allerdings lässt sich anhand der Quellen nicht belegen, dass Helena von Freyberg predigte oder sogar taufte. Zwar tauchen predigende Frauen in den Täuferakten immer wieder auf, bei derartigen Fällen bleibt jedoch zumeist unklar, ob sie nicht eher einer brodelnden Gerüchteküche entstammen. Als Frau die  Glaubenstaufe zu vollziehen, wäre jedenfalls ein unerhörter Schritt gewesen, schließlich oblagen priesterliche Amtsbefugnisse in dieser Zeit allein den Männern. Das Täufertum brach zwar mit vielen Traditionen und zeigte gelegentlich nivellierende Bestrebungen zwischen Glaubensbrüdern und -schwestern, dennoch gab es Geschlechtergrenzen, die auch die Täufer gemeinhin nicht überschritten sehen wollten. Für eine hervorragende Position Helena von Freybergs spricht, dass sie Hans Jacob Schneider unterwies, der zwischen 1550 und 1560 zu den wichtigsten Augsburger Täuferführern zählte. Über ihm rangierte wiederum Pilgram Marpeck (um 1495-1556), einer der bedeutendsten Führergestalten Augsburgs und der süddeutschen Täuferbewegung. Auch mit ihm, der ebenfalls aus Tirol stammte, stand Helena von Freyberg in engem bis freundschaftlichem Kontakt. Zwischen beiden bestand ein Vertrauensverhältnis, das Helena von Freyberg zur Vermittlerin zwischen ihm und dem schlesischen Adligen Caspar von Schwenckfeld (1490-1561) werden ließ. Auch war sie es, die 1543 Schwenckfelds Antwort auf Marpecks  „Verrmahnung“ (1542) dem Verfasser übergab. Helena von Freyberg selbst scheint keine Schriften verfasst zu haben. Es existiert lediglich ein undatiertes „Schuldbekenntnis“, mit dem sie sich an die Augsburger Gemeinde wandte. In ihm bekennt sie, Schuld auf sich geladen zu haben und ungehorsam gewesen zu sein. Sie gesteht, bei Gottes Namen leichtfertig geschworen zu haben und dem Evangelium, sowie Gottes Ordnung und Lehre nicht gefolgt zu sein, was sich auf jenen Widerruf beziehen könnte, den sie vor vielen Jahren einst in Tirol geleistet hatte. Aber das allein dürfte es nicht gewesen sein. Vielmehr bedauert Helena von Freyburg zutiefst, dass sie ihren Bruder habe belehren und zurechtweisen wollen. Sie gibt an, sich von Herzen schuldig zu fühlen und wider Gott und den Nächsten gesündigt zu haben. Sie verdiene es, bestraft zu werden, auch hinsichtlich ihrer Hunde, die sie angeblich bevorzugt habe. Außerdem sei ihr in den Sinn gekommen, ihren Bruder lehren und zurechtweisen zu wollen. Helena von Freiberg bittet die Augsburger Gemeinde um Vergebung, allen voran Pilgram Marpeck und den vergleichsweise unbekannten Täuferführer Valtin Werner. Was genau passiert war, geht aus dem Schuldbekenntnis nicht eindeutig hervor, vielleicht hatten die Hunde im Vergleich mit den Glaubensgeschwistern zuviel Entgegenkommen und Liebe erfahren. Möglicherweise hatte sich Helena von Freyberg hinsichtlich ihrer Kompetenzen als Frau zu weit vorgewagt, was nichts an ihrer Entscheidung änderte, sich weiterhin zu den Täufern zu bekennen. Zu ihrem Überleben trugen ihr Mann und die Kinder bei, die sie als Ehefrau und Mutter finanziell unterstützten. So erging im Januar 1539 eine Bittschrift an den Augsburger Rat, in der Helena von Freybergs Söhne darum baten, sie in der Stadt auch weiterhin zu dulden und wohnen zu lassen, obwohl sie es lieber gesehen hätten, wenn sie „widerrumb zu irem ehelichen mann, unserm lieben und gantz erlebten alten vattern und zu häuslicher wonung khomben möcht, allda die wenig uberig zeit irs lebens mit verleihung göttlicher gnaden“ zu beschließen (Roth, 427f.). Dazu sollte es nicht kommen. Helena von Freyberg starb 1545 in Augsburg eines natürlichen Todes. 

Reformatorische Impulse

Mit ihrer bewussten Hinwendung zu den Täufern hat Helena von Freyberg mit dazu beigetragen, täuferisches Gedankengut zu verbreiten und neue Anhänger zu gewinnen. Es reichte nicht, dass Männer und Frauen die Glaubenstaufe empfingen und notfalls auch bereit waren, für ihre Überzeugung in den Tod zu gehen, vielmehr bedurfte es tatkräftiger Werbung, um den Erhalt der täuferischen Bewegungen zu sichern und auszubauen. Helena von Freyberg gehörte zu jenen, die diese Aufgabe sehr ernst nahmen und viel für ihre Überzeugung taten. Als Adlige verfügte Helena von Freyberg über eine gewisse Bildung, die sie über die Masse der zumeist schreib- und leseunkundigen Männer und Frauen hinausragen ließ. Dies dürfte ihr dabei geholfen haben, mit tonangebenden Täuferführern ins Gespräch zu kommen und Interessierte beiderlei Geschlechts zu unterweisen. Andererseits ist Helena von Freyberg ein Beispiel dafür, dass es Grenzen gab. Ihre Familie folgte ihr nicht. Weder ihr Mann noch ihre Söhne schlossen sich den Täufern an. Möglicherweise war diese innerfamiliäre Sperre der Grund dafür, dass sie mit dem Leben davon kam und nicht hingerichtet wurde wie andere Frauen in Tirol. Helena von Freyberg ist nicht als Märtyrerin in die Täufergeschichte eingegangen. Nicht ihr Tod überzeugte die Glaubensschwestern und -brüder, wohl aber ihre unerschütterliche Verbundenheit mit den Täufern. Der Fall Helena von Freyberg lässt außerdem erkennen, wie sich durch Flucht und Ausweisung verdächtiger und unliebsamer Personen, das Täufertum weiter ausbreiten bzw. stabilisieren konnte.

Kommentar

Bekannt geworden ist Helena von Freyberg erst durch die Forschungen Linda Huebert Hechts, die in ihr eine hervorragende Täuferin mit Führungsqualitäten erkannte. In der Tat ragt die Tiroler Adlige aus der Menge, der nicht selten anonymen oder nahezu unbekannten Individuen hervor. Über die meisten Täuferinnen und ihr Leben wissen wir wenig, bei Helena von Freyberg liegen die Dinge anders. Eine derart glückliche Konstellation, ein täuferisches Leben zumindest in groben Zügen nachvollziehen zu können, ist nicht nur hinsichtlich der Quellenlage außergewöhnlich, sondern auch in geschlechterspezifischer Perspektive. Der Fall zeigt, dass Frauen aktiv in die Organisation und Lehre innerhalb täuferischer Gemeinschaften einsteigen konnten. Er zeigt aber auch, dass es Grenzen gab. Der Begriff der Führergestalt bedarf im Zusammenhang mit Helena von Freyberg allerdings einer genaueren Bestimmung. Mag sie auch als Führergestalt charakterisiert werden, so spricht doch nichts dafür, dass sie sich mit tonangebenden Männern in Augehöhe begegnete. Sie waren es, die tauften, Schriften verfassten und die Gemeindezucht ausübten. Größer waren die Chancen für außergewöhnliche weibliche Aktivitäten, wenn täuferische Gemeinschaften sich noch nicht gefestigt, sondern erst lose konstituiert hatten. Hier eröffneten sich für Frauen viele Freiräume, die jedoch im Zuge der Institutionalisierung gemeinhin wieder verschwanden. Ein derart offenes Klima herrschte zunächst noch in Tirol, wo Helena von Freyberg sich den aufstrebenden Täufern angeschlossen hatte. Eine weitere Möglichkeit, sich in täuferischen Kreisen als weibliche Führungsgestalt zu behaupten, bestand in einem engen spirituellen Kontakt mit Gott. Wenn der heilige Geist Frauen wie die Münsteraner Täuferin Hille Feicken oder die Straßburger Prophetin Ursula Jost leitete, dann eröffneten er ihnen neue Spielräume. In einem derart spirituellen Milieu hat Helena von Freyberg sich allerdings nie bewegt.

 

Zum Weiterlesen

C.-P. Clasen: Anabaptism. A Social History, 1525-1618, Switzerland, Austria, Moravia, South and Central Germany, Ithaca/London 1972.

K. Deppermann, W. O. Packull, J. M. Stayer: From Monogenesis to Polygenesis. The Historical Discussion of Anabaptist Origins, in: The Mennonite Quarterly Review 49 (1975), S. 83-122.

H. von Freyberg: Schuldbekenntnis, in: H. Fast und G. Seebaß (Hg.): Briefe und Schriften oberdeutscher Täufer 1527-1555. Das ‚Kunstbuch’ des Jörg Probst Rotenfelder gen. Maler, bearb. von H. Fast und M. Rothkegel, Gütersloh 2007, S. 512-517.

H.-J. Goertz: Die Täufer. Geschichte und Deutung, 2. Aufl., München 1988.

H. Guderian: Die Täufer in Augsburg. Ihre Geschichte und ihr Erbe. Ein Beitrag zur 2000-Jahr-Feier der Stadt Augsburg, Pfaffenhofen 1984.

G. Haude: Gender Roles and Perspectives Among Anabaptist and Spiritualist Groups, in: John D. Roth and James M. Stayer (Hg.): A Companion to Anabaptism and Spiritualism, 1521-1700, Leiden/Boston 2007, S. 425-465.

L. A.  Huebert Hecht: Women in Early Austrian Anabaptism, Their Days, Their Storys, Kitchener, Ontario, 2009.

L. A. Huebert Hecht: Helena von Freyberg of Münichau, in: C. A. Schneider and L. A. Huebert Hecht (Hg.): Profiles of Anabaptist Women. Sixteenth-Century Reforming Pioneers, 3. Aufl., Waterloo, Ontario, 1998, S. 124-139.

L. A. Huebert Hecht: An Extraordinary Lay Leader: The Life and Work of Helene von Freyberg. Sixteenth Century Noblewoman and Anabaptist from Tirol, in: The Mennonite Quarterly Review LXVI (1992), S. 312-341.

L. A. Huebert Hecht: Women and religious change. The significance of Anbaptist women in the Tirol, 1527-29, in: Studies in Religion/Sciences Religieuses 21/1 (1992), S. 57-66.

 M. Kobelt-Groch: Helena von Freyberg – Täuferinnen und ihr Beitrag zu Glaubensfreiheit und Gleichberechtigung der Geschlechter, in: „Dieweil die weltliche Gewalt von Gott geordnet ist…“. Reformation und Politik. Wittenberger Sonntagsvorlesungen, hrsg. v. Evangelisches Predigerseminar Lutherstadt Wittenberg, Hanna Kasparick, Wittenberg 2014, S. 81-100.

M. Kobelt-Groch: Aufsässige Töchter Gottes. Frauen im Bauernkrieg und in den Täuferbewegungen, Frankfurt/New York 1993.

M. Kobelt-Groch: Warum verließ Petronella ihren Ehemann? Gedanken zur Ehemeidung bei den Halberstadter Täufern, in: Mennonitische Geschichtsblätter 43/44 (1986/87), S. 62-79.

Quellen zur Geschichte der Täufer, Österreich, II. Teil hrsg. von G. Mecenseffy, Heidelberg 1972.

Quellen zur Geschichte der Täufer, Österreich III. Teil, hrsg. von G. Mecenseffy in Gemeinschaft mit M. Schmelzer, Heidelberg 1983.

F. Roth: Augsburgs Reformationsgeschichte. Zweiter Bd.: 1531-1537 bzw. 1540, München 1904.